CSD in FDJ-Bluse

Beim West-Berliner CSD im Jahr 1988 gab es tatkräftige Unterstützung von drei ehemaligen Ost-Berlinern, die zu diesem Zeitpunkt bereits im Westen lebten und sich zum CSD als FDJlerinnen verkleideten. Einer von ihnen war Michael Raimann, der bereits im Juni 1985 aus der DDR ausgereist war.

Er erinnert sich: „Meine Tante schmuggelte die FDJ-Blusen und die Röcke und den ganzen Plunder von Ost-Berlin nach West-Berlin, weil wir unbedingt als FDJlerinnen gehen wollten, um den Osten aufzumischen, mit dem Ergebnis dass das auch in meiner Stasi-Akte drinsteht (…) Es gibt auch noch viele Fotos, wo wir dann auf dem Springbrunnen – da hatte eine Lesbe Seife in den Springbrunnen gemacht – wo wir auf dem Springbrunnen vom Wittenbergplatz strippen. (…) Wir waren zu dritt unterwegs, einige West-Berliner waren als Hostessen verkleidet und denen haben wir schwer die Show gestohlen und die waren dann echt stinkig, wir waren echt der Reißer dort. Es gibt noch Bilder, da stehen wir auf der Bühne und grüßen die Leute in Ost und West und all so was – mit Georgette Dee, die hat damals noch moderiert.“

Kurzbiografie: Michael Raimann (Jahrgang 1956), lebte in den 1970er Jahren für eine Zeit lang in Polen, wo er enge Kontakte zur Solidarność-Bewegung knüpfte. In der Ost-Berliner Schwulen-Szene hatte er daher den Spitznamen „Polen-Micha“. 1981 wurde er von der Stasi für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis gesteckt. 1982 wurde er entlassen und arbeitete bis zu seiner Ausreise in den Westen als Fotograf für die Firma Kettenbach in Berlin-Wilhelmsruh. In dieser Zeit organisierte er innerhalb der queeren Community in Ost-Berlin Feten und Ausflüge. Heute ist er als Fotograf und Chansonnier tätig.