Travestiegruppe “Die Drei”

Travestie in der DDR war nicht nur subkulturell und privat organisiert, sondern ab den 1980er-Jahren existierten auch einige staatlich geprüfte und offiziell zugelassene Travestiegruppen. „Die Drei“ gehörten zu diesen professionellen Travestiegruppen. Sie bestanden aus Axel Loesert, Jürgen Müller und Tomi Detlef Schwabe. 1986 erhielten sie ihre Zulassung und ab 1987 arbeiteten sie freiberuflich mit einem eigenen Programm. Später bekamen sie einen Fördervertrag vom Büro der Bezirkskommission Berlin für Unterhaltungskunst. Dieser ermöglichte ihnen finanzielle Unterstützung für Kostüme und die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Wolfgang Stiebritz vom Friedrichstadt-Palast, der sie bei der Entwicklung von Choreografien unterstützte.

Das Zulassungsverfahren beschreibt Jürgen Müller so: „Um mit Travestie Geld verdienen zu können, um überhaupt in Bars und so arbeiten zu können, brauchte man einen Nachweis und musste vorarbeiten. Bestand man die Prüfung – das sogenannte ‚Vorarbeiten‘ – gab es einen Einstufungs- und Befähigungsnachweis, und man konnte vermittelt werden. Mit dieser Zulassung durfte man offiziell auftreten.“

Tomi Schwabe erinnert sich: „Wir bekamen zunächst eine befristete A-Zulassung mit der Auflage, unsere Darbietung zu überarbeiten. Ich hatte vorher auch ein Exposé schreiben müssen, was wir uns bei den Nummern jeweils denken, was der Sinn dahinter ist usw., das war 20 Seiten lang. Ich habe zum Beispiel geschrieben, dass die Show dann mit einem französischen Tanz endet, als Ausdruck der Lebensfreude, vereint im Kollektiv.“

Die Zulassungen waren in Einstufungen unterteilt, welche die Höhen der Gagen bestimmten. Travestie wurde von staatlicher Seite allerdings nicht unter diesem Begriff geführt, sondern lief offiziell unter der Bezeichnung „Phonomimik“. Die Auftritte der zugelassenen Künstlergruppen wurden anschließend von der KGD (Konzert- und Gastspieldirektion) koordiniert und vermittelt.

In Berlin existierten drei staatlich zugelassene Travestiegruppen. Jürgen Müller erklärt das folgendermaßen: „Mehr als drei wollten sie nicht haben in Berlin.“ In Leipzig gab es die „Night Flowers“. Auch in Potsdam und in anderen Städten der DDR soll es weitere zugelassene „Phonomimik-Künstler“ gegeben haben. In Dresden existierte die älteste staatlich zugelassene Travestiegruppe. Tomi ergänzt allerdings: „Denen wurde die Zulassung aber dann irgendwann wieder entzogen, die haben irgendeine Regel gebrochen. Eine Regel war es zum Beispiel, sich nicht auf jemanden im Publikum zu setzen.

Den Namen „Die Drei“ erhielten sie laut Jürgen Müller durch einen Zufall: „Wir hatten einen Auftritt bei einer Betriebsfeier im Café Prag. Jens, der dort als Oberkellner arbeitete und ein Freund von mir war, wurde gefragt, wie wir als Gruppe denn heißen. Der hat dann gesagt: ‚Das weiß ich gar nicht, aber das sind drei: die Drei.‘ Und dabei blieb es dann. Mit Jens habe ich später zur Wendezeit und danach zusammengearbeitet, da haben wir uns dann ‚Die Zwei‘ genannt.“

Axel Loesert beendete nach der Wende seine Karriere in der professionellen Travestie. Tomi Schwabe trat später mit Peter Kohn unter dem Namen „Red Shoe Boys“ auf – noch bis Anfang der 2020er-Jahre.